Homosexualität und Kinderwunsch
oder
Wie können sich lesbische oder schwule ihren Kinderwunsch erfüllen?
In Zeiten, in denen die Homosexualität immer mehr der heterosexuellen Lebensweise gleichgestellt wird,
sollte es niemanden verwundern, dass auch bei schwulen oder lesbischen Paaren ein Kinderwunsch besteht.
Und mindestens diesen Vorteil haben Kinder, die von zwei Lesben oder zwei Schwulen "in die Welt gesetzt wurden":
sie sind absolute Wunschkinder.
Mit welchen "Folgen" Kinder in Regenbogenfamilien sonst noch leben müssen, lesen Sie hier:
Kinder in Regenbogenfamilien
Welche Möglichkeiten gibt es nun aber für schwule oder lesbische Paare, sich ihren Kinderwunsch zu erfüllen?
Inhaltsverzeichnis
Ein lesbisches Paar und die Erfüllung des Kinderwunsches
Zwei lesbische Frauen haben es mit der Erfüllung ihres Kinderwunsches nicht leicht, aber doch leichter als zwei
schwule Männer:
Sie müssen zuerst beschließen, ob sie sich ihren Wunsch durch Schwangerschaft oder durch Annahme eines Kindes
erfüllen wollen. Wählen sie die Schwangerschaft, bleibt die Entscheidung, wer von beiden (zuerst?) schwanger werden
möchte. In einigen Fällen möchte eine der Frauen definitiv keine Schwangerschaft erleben. Gründe hierfür können
ein zu hohes Alter, ungünstige Gene (z.B. Alkoholismus in der Familie) oder Erbkrankheiten sein. Ein anderes
Entscheidungskriterium ist oft auch die Einkommenssituation beider Frauen. Diejenige, die mehr verdient und deren
Job sicherer erscheint, wird oft die Ernährerin bis auch die biologische Mutter wieder arbeiten gehen kann.
Nachdem geklärt ist, wer biologische Mutter des Kindes werden soll, stellt sich die Frage nach dem biologischen
Vater.
Insemination (Sperma in die Frau einführen/übertragen) durch Samenspende einer Samenbank oder eines Mannes?
Wenn sich zwei lesbische Frauen ihren Kinderwunsch durch Schwangerschaft erfüllen wollen, brauchen sie dafür
den Samen eines Mannes. Für die Samenübertragung (Insemination) gibt es zwei Möglichkeiten:
- die Frauen suchen sich (eventuell im Bekanntenkreis) einen Mann, der bereit ist, seinen Samen zu spenden
oder
- sie nehmen die Hilfe einer Samenbank in Anspruch.
Das Sperma des Mannes in die Frau einführen/übertragen - diesen Vorgang selbst bezeichnet man als Insemination
und zwar in diesem speziellen Fall als heterologe Insemination, weil der Frau ein Samen eingeführt wird, der
nicht von ihrem Ehemann stammt (das wäre homologe Insemination). Die heterologe Insemination wird in Deutschland
nur unter sehr strengen Gesichtspunkten erlaubt, nämlich nur dann, wenn die Frau mit einem Mann verheiratet ist,
der bereit ist, die Vaterschaft anzuerkennen. Die Bundesärztekammer schließt dabei ausdrücklich eine
Lebenspartnerschaft zwischen lesbischen Frauen aus. Lediglich Berlin und Hamburg sind der Bundesärztekammer nicht
gefolgt und lassen eine heterologe Insemination auch bei einer Frau zu, die in einer eingetragenen
Lebenspartnerschaft lebt.
Dies hat zur Folge, dass sich lediglich in Berlin und Hamburg Ärzte finden lassen, die einer lesbischen Frau das
Sperma eines Mannes einführen werden und so helfen, deren Kinderwunsch zu erfüllen.
In allen anderen Bundesländern sind die Frauen auf sich gestellt. Wenn sich eine Frau das Sperma eines Mannes
einführen lässt, ist das weder für sie noch für den Samenspender strafbar. Wird die Frau dabei jedoch von einer
dritten Person unterstützt, so ist das für diese strafbar, natürlich nur wenn es zur Anzeige kommt.
Selbstinsemination - die lesbische Frau lässt sich Sperma einführen, um sich den Kinderwunsch zu erfüllen
Welche Vor- und Nachteile hat die Befruchtung mit dem Samen eines bekannten Mannes?
- Sie ist relativ preiswert, weil die Kosten für die Samenbank, sowie Reisekosten wegfallen.
- Die Merkmale des Vaters sind bekannt.
- Es gibt die Möglichkeit, den Vater aus der Familie der sozialen Mutter zu wählen (z.B. den Bruder).
Damit wäre auch die soziale Mutter, sowie deren Familie mit dem Kind verwandt.
- Wenn alle dies wünschen, so kann es Kontakt zwischen Vater und Kind von Anfang an oder später geben.
Von gelegentlichen Besuchen bis zum Einbringen des Vaters in die Erziehung des Kindes ist alles
möglich und hat zur Folge, dass das Kind weiß, wo seine Wurzeln sind.
- Es gibt keine ärztliche Kontrolle des Samens auf HIV, Hepatitis-B und Erbkrankheiten.
- Der Spender muss jeden Monat einmal von jetzt auf eben mit seinem Samen zur Verfügung stehen, wenn
die Befruchtung nicht beim ersten Mal erfolgreich ist. Bei manchen Frauen ist die Insemination
erst beim zehnten oder elften Mal erfolgreich.
- Es gibt die Gefahr von Streitigkeiten, was die Rechte und Pflichten des Vaters angeht. Dieses
Risiko besteht für beide Seiten.
Zum einen kann vereinbart sein, dass der Vater keinerlei Umgangsrechte besitzt. Nach der Geburt
überlegt er es sich jedoch anders und möchte Kontakt zum Kind.
Andererseits kann vereinbart sein, dass der Vater keinerlei Unterhaltspflichten übernehmen muss.
Auch da besteht das Risiko, dass es sich die Mutter anders überlegt.
Beiden muss bewusst sein, dass Absprachen, die das Kind betreffen, vor Gericht nicht wirksam sind.
Egal was vereinbart wurde, der Vater hat Umgangsrechte und Unterhaltspflichten.
- Möchte die Lebenspartnerin das Kind adoptieren (Stiefkindadoption), so muss der Vater zustimmen.
Welches sind die Vor- und Nachteile einer Samenbank?
Wenn sich ein lesbisches Paar seinen Kinderwunsch mit Hilfe einer Samenbank erfüllen möchte, so sind die
verschiedenen Vor- und Nachteile zu bedenken:
- Es ist relativ teuer. Die Samenbank bekommt Geld für die Bereitstellung des Samens und eventuell für die
Insemination selbst. Wenn die Samenbank nicht um die Ecke ist, dann kommen jeden Monat Reise- und
Unterkunftskosten hinzu, bis die Insemination erfolgreich war.
- Das Sperma ist ärztlich kontrolliert.
- Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten den Spender nach Aussehen und Charaktermerkmalen auszuwählen.
Das kommt auf die Samenbank an.
- Der Aufwand bleibt auf die zwei Frauen beschränkt, ist durch die monatliche Reise jedoch oft recht
hoch. Der Spermaspender ist nicht involviert.
- Die Konsequenzen sind bekannt. Weder kann der Vater des Kindes plötzlich ein Umgangsrecht wünschen,
noch kann die Mutter des Kindes plötzlich Unterhalt verlangen. Je nach Wunsch und Samenbank hat
das gezeugte Kind ein Recht darauf im Alter von 18 Jahren oder später seinen Vater kennenzulernen.
- Manche Samenbanken stellen über einen gewissen Zeitraum Samen des selben Spenders für ein
Geschwisterkind zur Verfügung.
Die rechtlichen Möglichkeiten nach einer Insemination
Aber nicht nur die Gefühle des Kindes müssen beachtet werden. Beide Mütter müssen bedenken, welche rechtlichen
Folgen ihr Tun hat. Ist der biologische Vater amtlich bekannt und die biologische Mutter verstirbt oder kann aus
anderen Gründen die Erziehung des Kindes nicht mehr gewährleisten, dann hat ein Vormund darüber zu entscheiden,
ob das Kind von seinem Vater oder der sozialen Mutter aufgezogen wird. Im Vordergrund steht natürlich das Wohl
des Kindes, aber wo dieses besser gewährleistet ist, darüber kann man sich in den meisten Fällen streiten und
entscheiden tut der Vormund.
Auch wenn sich die Mütter trennen, sind die Folgen zu bedenken. Und diese sind rein rechtlich teilweise noch sehr
vakant und selbstverständlich immer einem Wandel unterworfen. Was heute so entschieden wird, darüber denken die
Richter von morgen möglicherweise ganz anders. Und es handelt sich in vielen Fällen um Rechtssprechung. Das heißt,
die Gesetze müssen von den Richtern ausgelegt werden. Der eine sieht das so, der andere ganz anders. Im Moment
ist es wie folgt:
- Wenn ein Kind in eine lesbische Beziehung geboren wird, die keine eingetragene Lebenspartnerschaft ist,
ist es zur Zeit sehr unwahrscheinlich, dass die soziale Mutter ein Umgangsrecht durchgesetzt
bekommt oder aber die biologische Mutter ein Recht auf Unterhalt. Das gilt selbst dann, wenn
nachgewiesen werden kann, dass das Kind gemeinsam geplant und gewollt war.
- Wenn ein Kind in eine eingetragene Lebenspartnerschaft geboren wird, die soziale Mutter es aber
nicht adoptiert, dann gibt es immerhin eine Chance auf Unterhaltspflicht und Umgangsrecht für
die soziale Mutter. Einerseits hat zwar das Oberlandesgericht Karlsruhe in seinem Beschluss vom
16.11.2010 (Az. 5 UF 217/10) einer sozialen Mutter das Umgangsrecht mit ihrem Kind verweigert,
weil sie es nicht adoptiert hatte. Beide Mütter lebten ca. 4 Jahre in einer eingetragenen
Lebensgemeinschaft, das Kind war von beiden geplant und gewollt und lebte für drei Jahre gemeinsam
mit beiden Müttern in einem Haushalt.
Andererseits geht zum Beispiel der
Verband alleinerziehender Mütter und Väter Bundesverband e.V. davon aus, dass dem sozialen
Elternteil ein Umgangsrecht (und damit sicher auch eine Unterhaltspflicht) zusteht.
Genauso sieht es auch das Ausbildungszentrum für Justiz Nordrhein-Westfalen.
- Nur wenn die soziale Mutter das Kind ihrer Lebenspartnerin adoptiert hat (gleiches gilt
selbstverständlich auch bei Männern), ist die Sachlage recht eindeutig. Beide haben dann das
gemeinsame Sorgerecht und eine Trennung der Mütter bzw. Väter vollzieht sich analog zur Trennung
bei heterosexuellen Paaren.
Wenn beide wollen, dass das Kind bei ihnen aufwächst, wird das Gericht zu entscheiden haben,
wo das Kind besser aufgehoben ist. Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass die biologische
Mutter den Vorteil hat, dass sie nicht nur rechtlich, sondern eben auch biologisch mit dem Kind
verwandt ist. Eine größere Rolle sollte jedoch immer das Wohl des Kindes spielen.
Der Elternteil, bei dem das Kind nicht aufwächst, hat aber auf jeden Fall ein Umgangsrecht und
eine Unterhaltspflicht. Das Umgangsrecht kann nur eingeschränkt oder ausgeschlossen werden,
wenn es dem Wohle des Kindes widerspricht.
Stiefkindadoption
Durch eine Stiefkindadoption, die nur möglich ist, wenn die Partner in einer eingetragenen Lebensgemeinschaft
leben, erhalten beide Elternteile das gemeinsame Sorgerecht. Sie sind ab sofort gleichberechtigt für die Erziehung
und den Unterhalt des Kindes zuständig. Eine Trennung erfolgt analog zur Trennung heterosexueller, verheirateter
Paare.
Adoption eines fremden Kindes
Eine Möglichkeit sich auch als schwules Paar den Kinderwunsch zu erfüllen?
Eine weitere Möglichkeit ein Kind zu bekommen, ist die Annahme eines elternlosen Kindes. Und immerhin diese
Möglichkeit haben schwule und lesbische Paare gleichermaßen, um sich ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Rein
theoretisch kann eine(r) der beiden ein Kind adoptieren.
Ein heterosexuelles Paar, das verheiratet ist, kann als Paar gemeinsam ein Kind adoptieren. Diese Möglichkeit
gibt es für homosexuelle Paare auch dann nicht, wenn sie in einer eingetragenen Lebensgemeinschaft leben. Nur
einer von ihnen kann das Kind adoptieren, der andere muss jedoch zustimmen (in einer eingetragenen
Lebensgemeinschaft).
Die Adoption eines Kindes durch Einzelpersonen (egal ob hetero- oder homosexuell) ist in Deutschland erlaubt und
wurde sogar schonmal praktiziert. Realistisch ist diese Möglichkeit jedoch nicht, weil auf jedes Kind, das zur
Adoption freigegeben wird, ungefähr zehn potentielle Eltern kommen. Die Ämter haben die Möglichkeit unter den
Willigen zu wählen und bevorzugen dabei auf jeden Fall Paare, weil ein Kind, das zwei Eltern erhält, abgesicherter
ist, als ein Kind, das nur einen Vater oder eine Mutter bekommt.
Damit bleibt die Adoption zumindest innerhalb von Deutschland reine Theorie.
Adoption eines ausländischen Kindes
Die "bessere" Möglichkeit sich als schwules Paar den Kinderwunsch zu erfüllen?
Eine andere Möglichkeit ist die Adoption eines ausländischen Kindes. Diese ist möglich, jedoch sehr
zeit- und geldaufwändig.
In so manchem Land gibt es viele elternlose Kinder. Aber auch diese können nicht so ohne weiteres nach Deutschland
adoptiert werden, weil ein Kinderhandel unterbunden werden soll.
Ein Kind wird in Pflegschaft genommen
Ein Kind kann auch in Pflegschaft genommen werden. Da es in Deutschland vielerorts mehr Kinder gibt, die
einer Pflegschaft bedürfen, als Eltern, die ein Kind in Pflege nehmen wollen, sind die Chancen hier höher.
Natürlich entscheiden über eine Pflegschaft auch wieder Menschen und je nachdem wie tolerant diese sind, hat
man als lesbisches oder schwule Paar mehr oder weniger große Chancen, sich auf diese Art seinen Kinderwunsch
zu erfüllen. Jedoch geht auch hier der Trend zu mehr Offenheit, einen Versuch ist es also allemal wert.
Alles zum Thema "Pflegekinder" finden Sie beim Klick auf diesen Satz.
Quellen:
Beiträge aus Zeitungen und Zeitschriften:
Internetseiten:
Autor: Katarina Telschow
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Thursday, 09-Oct-2014 11:16:15 CEST aktualisiert!